Drogen-induzierte Psychose – erste Warnzeichen
Fühlen Sie sich in letzter Zeit häufiger beobachtet? Scheinen Ihre Gedanken irgendwie fremdartig? Manchmal können das erste Anzeichen einer Psychose sein. Gerade wenn Drogen konsumiert werden, sollten solche Symptome ernst genommen werden – denn möglicherweise handelt es sich um Warnsignale einer drogeninduzierten Psychose. Doch was genau bedeutet das?
Was ist eine drogen-induzierte Psychose?
Eine Psychose ist eine psychische Störung, die mit einem Realitätsverlust einhergeht. Dabei gibt es verschiedene Formen der Psychose. Typische Symptome sind Wahnvorstellungen, Halluzinationen und Denkstörungen. Der Begriff drogeninduziert bedeutet, dass der Drogenkonsum eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der Psychose spielt.
Zu den Drogen, die mit der Entwicklung einer Psychose in Zusammenhang gebracht werden können, gehören unter anderem:
- Cannabis
- Neue psychoaktive Substanzen wie synthetische Cannabinoide („Spice“) oder synthetische Cathinone („Badesalze“)
- Kokain / Crack
- Amphetamine (inkl. Methamphetamin)
- MDMA (Ecstasy)
- Ketamin
- Halluzinogene wie LSD oder Psilocybin
- Alkohol
- …
Wie entsteht eine drogen-induzierte Psychose?
Eine Psychose entsteht meist durch ein komplexes Wechselspiel genetischer und umweltbedingter Faktoren, wobei Drogenkonsum ein solcher „Umweltfaktor“ sein kann.
Welche Rolle Drogenkonsum genau bei der Entwicklung einer Psychose spielt, ist in der Wissenschaft noch nicht gänzlich geklärt. Es wird allerdings davon ausgegangen, dass Drogenkonsum als Auslöser wirken kann, insbesondere bei Personen mit einer genetischen Veranlagung für Psychosen.
Denn Drogenkonsum kann die Gehirnfunktion beeinträchtigen. Und das kann wiederum das Risiko für psychische Erkrankungen wie Psychosen erhöhen.
Wer ist besonders gefährdet für eine drogen-induzierte Psychose?
Nicht jeder Drogenkonsum führt automatisch zur Entwicklung einer Psychose. Ob eine Psychose auftritt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Folgende Faktoren sind mit einem höheren Risiko verbunden:
- Menschen mit einer genetischen Veranlagung: Personen, die z.B. nahe Verwandte haben, die bereits an einer Psychose erkrankt sind.
- Früher Beginn des Drogenkonsums: Ein früher Beginn des Drogenkonsums, insbesondere in der Jugend, erhöht die Wahrscheinlichkeit, eine Psychose zu entwickeln.
- Hohe Dosis der konsumierten Drogen: Auch die Dosis spielt eine entscheidende Rolle. So ist vor allem der Konsum von hochpotentem Cannabis mit einem erhöhten Psychoserisiko verbunden.
- Mischkonsum: Der gleichzeitige Konsum mehrerer Drogen kann das Risiko für psychotische Störungen erhöhen.
- Bereits bestehende psychische Erkrankungen: Personen mit psychischen Vorerkrankungen sind ebenfalls anfälliger für die Entwicklung einer Psychose nach Substanzkonsum.
- Unverarbeitete Lebensereignisse: Umweltfaktoren wie Stress, Trauma oder ein ungünstiges soziales Umfeld können die psychosefördernde Wirkung von Drogen begünstigen.
Häufig treffen mehrere dieser Risikofaktoren zusammen.
Erste Warnzeichen einer Psychose
Eine Psychose kommt in den meisten Fällen nicht „aus dem Nichts“. Meist kündigen sich Warnzeichen im Vorfeld an. Diese Warnzeichen werden in der Fachsprache auch Promodalsymptome genannt.
Die Dauer dieses Stadiums kann von Person zu Person sehr unterschiedlich sein – bei manchen nur wenige Tage, bei anderen sogar mehrere Jahre.
Die Betroffenen erleben anfangs meist nur leichte, subtile, unspezifische und vorübergehende Symptome. Und die Symptome können von Person zu Person sehr unterschiedlich sein. Das macht es auch so schwierig, die Symptome bei sich selbst richtig einzuordnen und führt dazu, dass sie oft erst spät erkannt werden. Typisch ist aber: Sie treten plötzlich auf und sind neu. Und oft verschlimmern sich die Symptome mit der Zeit.
Diese Warnzeichen können auf eine Psychose hindeuten
Wahrnehmungsveränderungen
- Gefühl, von anderen beobachtet zu werden
- Vertraute Umgebungen wirken fremd oder unwirklich
- Gefühl seltsamer Empfindungen auf / unter der Haut (z.B. das Kribbeln von Insekten)
- Zweifel, ob etwas echt oder nur Einbildung ist
- Gefühl, über übersinnliche Kräfte zu verfügen
- …
Veränderungen im Denken
- Schwierigkeiten auf den Punkt zu kommen und häufiges Abschweifen
- Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren
- Gedankenflut oder Gedankenarmut
- Leichte Ablenkbarkeit von Geräuschen
- Beeinträchtigtes Sprachverständnis
- …
Veränderung der Stimmung
- Plötzlich depressive, traurige Stimmung
- Erhöhte Reizbarkeit
- Plötzlicher Interessenverlust
- Wutausbrüche, Aggressionen
- …
Veränderungen in sozialen Beziehungen
- Probleme mit Freunden, der Familie oder in der Partnerschaft
- Misstrauen gegenüber anderen
- Vermehrtes Bedürfnis alleine zu sein
- …
Körperliche Veränderungen
- Bewegungsdrang, körperliche Unruhe
- Ungewöhnliche Bewegungsmuster
- …
Die Liste der möglichen Symptome ist lang. Wer unsicher ist, ob es sich bei den eigenen Symptomen um solche Warnzeichen handeln könnte, kann einen Selbsttest machen: https://www.psychose-frueherkennung.de/selbsttest
Diese Symptome können, müssen aber nicht mit einer Psychose zusammenhängen. Es können auch andere Erkrankungen oder Ursachen dahinter stecken!
Diese Warnzeichen gelten auch für eine drogeninduzierte Psychose, beziehen sich aber nicht auf Symptome während des akuten Rausches, sondern auf solche, die darüber hinaus andauern oder später auftreten. Die Forscherinnen und Forscher konnten zeigen, dass Personen mit einem höheren Abhängigkeitsrisiko häufiger und intensiver von diesen frühen Warnzeichen betroffen sind – je stärker der Konsum, desto ausgeprägter die Symptome.
Hilfe finden bei Warnzeichen einer drogen-induzierte Psychose
Bei Verdacht auf psychotische Symptome sollte möglichst frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Auf der Internetseite des Früherkennungszentrums für Psychosen am Universitätsklinikum Bonn finden sich mögliche professionelle Anlaufstellen in Deutschland. Aber auch Hausärzte sind oft die erste Anlaufstelle. Denn: je früher eine Psychose erkannt wird, desto besser sind die Behandlungsmöglichkeiten!
Wer Unterstützung beim Reduzieren oder Beenden des Drogenkonsums sucht, kann die kostenlose und anonyme Online-Beratung auf DigiSucht in Anspruch nehmen.
Quellen und weitere Informationen:
- Bonner Früherkennungszentrums (FEP) für Psychosen. https://www.psychose-frueherkennung.de/
- Fiorentini, A., Cantù, F., Crisanti, C., Cereda, G., Oldani, L., & Brambilla, P. (2021). Substance-induced psychoses: an updated literature review. Frontiers in psychiatry, 12, 694863. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2021.694863
- Hirjak, D., Meyer-Lindenberg, A., Brandt, G. A., & Dreßing, H. (2021). Differenzialdiagnostische Unterscheidung zwischen substanzinduzierten und primären Psychosen: Empfehlungen für die allgemeinpsychiatrische und forensische Praxis. Der Nervenarzt, 93(1), 11. https://doi.org/10.1007/s00115-021-01083-3
- Kuharic, D. B., Kekin, I., Hew, J., Kuzman, M. R., & Puljak, L. (2019). Interventions for prodromal stage of psychosis. Cochrane Database of Systematic Reviews, (11). https://doi.org/10.1002/14651858.CD012236.pub2
- Loewy, R. L., Pearson, R., Vinogradov, S., Bearden, C. E., & Cannon, T. D. (2011). Psychosis risk screening with the Prodromal Questionnaire—brief version (PQ-B). Schizophrenia research, 129(1), 42-46. https://doi.org/10.1016/j.schres.2011.03.029
- McDonald, A. J., Kurdyak, P., Rehm, J., Roerecke, M. & Bondy, S. J. (2024). Age-dependent association of cannabis use with risk of psychotic disorder. Psychological Medicine, 54, 2926-2936, https://doi.org/10.1017/S0033291724000990.
- Więckiewicz, G., Florczyk, I., Stokłosa, M., Jurga, M., Gorczyca, P. & Kotlicka-Antczak (2024). Intensity of Psychoactive Substance Use Affects the Occurrence of Prodromal Symptoms of Psychosis. Journal of Clinical Medicine, 13, 760. https://doi.org/10.3390/jcm13030760
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